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05.07.2017  14:50
Warum gegen G 20 demonstrieren? Warum nicht gegen
Merkel/Schäuble/Macron u. ihren demütigenden Umgang
mit den Lohnabhängigen in Frankreich und ganz Europa?

Asozial ist offensichtlich wirklich hoffähig geworden. Wo sind die Proteste gegen den Organisator und Hüter der Steuerhinterziehung im großen Stil, den EU-Kommissionspräsidenten Juncker? Und wo die täglichen Proteste gegen die Kriege des Westens? Frau von der Leyen blieb unbehelligt, als sie den USA die von dort geforderte Erhöhung der Rüstungsausgaben zusagte. …Zumindest zur Frage „Wer demonstriert da gegen wen?“ ist in Hamburg ein Disput unter Aktiven der Friedensbewegung ausgebrochen... [Quelle: nds.de / Albrecht Müller] JWD

...Darüber wollen wir auf den NachDenkSeiten informieren und verweisen deshalb auf einen Text von Andreas Wehr, verbunden mit der Empfehlung, diese zwei Seiten zu lesen und die eigene Position zu überprüfen.


Quelle: nds.de (verlinkt)

Hier ein paar Auszüge aus seinem Text:

    „Wer demonstriert da gegen wen?

    Zu den angekündigten Protesten gegen die G20 – Eine Antwort nicht nur auf Lucas Zeise

    Am 7./8. Juli 2017 findet der Gipfel der Staats- und Regierungschefs der Gruppe der Zwanzig (G20) in Hamburg statt. Deutschland hat in diesem Jahr den Vorsitz inne und ist daher Gastgeber. Im vergangenen Jahr traf man sich im chinesischen Hangzhou

    Globalisierungsgegner, die Friedensbewegung und Parteien haben aus diesem Anlass zu Demonstrationen aufgerufen. Das Motto lautet: „Wer die G20 einlädt, lädt auch den Protest mit ein“.[1] In einigen Aufrufen wird gefordert, das Treffen unmöglich zu machen. Auch Lucas Zeise ruft dazu auf, „den Versuch zu machen“ den von ihm als „Show“ empfundenen Gipfel „zu verhindern“.[2]

    Es ist das Anliegen der Protestierenden, eine Kontinuität zwischen den Demonstrationen gegen die Treffen der Gruppe der G7 bzw. G8 und dem jetzigen Gipfel der G20 herzustellen. Die Proteste gegen die G7/8 von Seattle 1999, Genua 2001, Heiligendamm 2007 und 2015 auf Schloss Elmau werden deshalb in Erinnerung gerufen. In Hamburg will man daran anknüpfen.

    Doch ist eine solche Kontinuität überhaupt gegeben? Dies würde voraussetzen, dass man die G20 mit der Gruppe der Sieben, der G7, gleichsetzen kann. Das versucht Zeise, indem er die G20 als bloße „Erweiterung“ der G7 ansieht.[3] Schon der Titel seines Artikels ist irreführend: „Kurze Geschichte der G20. Was die Mächtigen seit 40 Jahren auf den Weltwirtschaftsgipfeln verabreden.“ Doch die G20 ist ein eigenständiges internationales Forum, das es erst seit 2009 und nicht „seit 40 Jahren“ gibt.

    Der „Gruppe der Zwanzig“ gehören 19 Staaten sowie die Europäische Union an. Es sind dies die Länder Argentinien, Australien, Brasilien, China, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Indien, Indonesien, Italien, Japan, Kanada, Mexiko, Russland, Saudi-Arabien, Südafrika, Südkorea, die Türkei und die USA.

    Die G7 wird dagegen ausschließlich von den führenden Industriemächten des sogenannten „Westens“, der stets politisch und nicht geografisch definiert wird, gebildet. Es sind Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, Kanada und die USA. Die G7 ist auch nicht – wie es Zeise suggeriert – in der Gruppe der G20 aufgegangen, sondern ist weiterhin sehr lebendig. Jährlich finden G7-Gipfel statt, der nächste am 26./27. Mai 2017 unter italienischer Präsidentschaft in Taormina auf Sizilien.

    Die G7 versteht sich als exklusiver Club „liberaler Demokratien mit etablierten Marktwirtschaften“.[4] Da der G20 im Gegensatz dazu auch Entwicklungs- und Schwellenländer angehören, soll dieses Gremium denn auch die G7 nicht ersetzen. Vorübergehend, von 1998 bis 2014, gehörte diesem erlauchten Club als achtes Mitglied auch Russland an. Doch nach der Eingliederung der Krim wurde das Land aus diesem Kreis wieder ausgeschlossen. Auch aus der G20 versuchten die westlichen Staaten Russland zu verdrängen. Australien, das 2014 den Vorsitz in der G20 führte, war damit beauftragt worden. Dies gelang aber nicht, denn Ausschlüsse können dort nur einstimmig beschlossen werden, und für eine Entfernung Russlands gaben die Schwellenländer ihre Stimmen nicht her.[5] Dem „Westen“ wurde damit eine Abfuhr erteilt. Auch Gastgeber Deutschland muss sich als vorsitzführendes Land an die Regeln halten. Dem russischen Landwirtschaftsminister hatte es daher im Januar 2017 die Teilnahme an der G20-Agrarministersitzung zu gestatten, obwohl ihn Berlin als unerwünschte Person führt und mit Einreisesperre belegt hat. Es macht eben einen Unterschied, ob Länder wie China, Indien, Brasilien oder Südafrika mit am Tisch sitzen oder der „Westen“ unter sich ist.

    Die G20 sind somit weder eine „Erweiterung“ der G7, noch war ihre Etablierung ein Geschenk des Westens an die übrige Welt. Sie entstand vielmehr aus der Not der etablierten Mächte im Jahr 2008. Auf dem Höhepunkt der Finanzkrise war klar geworden, dass man ohne Hilfe Chinas und anderer Schwellenländer die zweite Weltwirtschaftskrise nicht bewältigen können würde. Nur deshalb war man in den westlichen Hauptstädten bereit, der Forderung Pekings nach Etablierung der G20 auf Ebene der Regierungschefs nachzukommen. China legte daraufhin das mit Abstand weltweit größte Konjunkturpaket auf und verpflichtete sich, seine Währung nicht abzuwerten.[6] Die Krise konnte so entschärft werden.

    Mit der Etablierung der G20 sind die globalen Verhältnisse aber nicht umgestürzt worden. Wie sollte das auch möglich sein? Aber es wurde ein wichtiger Schritt in Richtung einer neuen Weltordnung getan. In einem Land wie Indien ist das verstanden worden. Das indische Magazin Outlook sprach daher von „einem guten Beginn für die armen und die Entwicklungsländer“. [7]



    Mit dem Abklingen der Weltwirtschaftskrise ging auch die Bedeutung der G20 zurück. In einer Analyse der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) heißt es: „Nach den erfolgreichen ersten Gipfeln in Washington und London 2008/2009, bei denen es den Industrie- und Schwellenländer gelungen ist, in kurzer Zeit eine gemeinsame Antwort auf die Finanzkrise zu finden, hat die Begeisterung – und auch die mediale Aufmerksamkeit – deutlich nachgelassen. Die letzten G20-Gipfel wurden mehrheitlich als Misserfolge gewertet.[10] Als Grund wird genannt: „Zum einen sind die Industrie- und Schwellenländer als auch die Industrieländer untereinander seit Jahren über zentrale Themen der G20-Agenda uneins. Zu den strittigen Fragen gehören etwa Wachstumsstrategien und Schuldenobergrenzen.“[11] Vor allem die Staaten des „Westens“ haben das Interesse an der Entwicklung der Gruppe verloren, sollen doch die Normen für die Ausgestaltung der Globalisierung weiterhin auf den Treffen der G7 und in Freihandelsabkommen vom Typ TTIP und CETA aber eben nicht von der G20 festgelegt werden.

    Die Organisatoren der Hamburger Proteste scheint das alles nicht zu interessieren. Oft weiß man dort noch nicht einmal, gegen wen man auf die Straße gehen will. So spricht Attac in seinen Aufrufen fortwährend von der G20 als Versammlung der „reichsten Staaten“[12] der Welt. Die Reihe „der Reichsten“ sieht aber ganz anders aus. Sie wird von Katar angeführt, gefolgt von Luxemburg, Macao, Singapur, Brunai Daressalam, Kuwait, Irland und Norwegen. Aus der G20 gehören nur die USA, Australien und Deutschland (auf Platz 19) zugleich auch zu den reichsten 20 Ländern.

    Unklarheit besteht bei den Demonstrations-Aufrufern auch darüber, wer tatsächlich die Verantwortung für die Kriege in der Welt, für Armut und Unterentwicklung trägt. Im gemeinsamen Aufruf der Kooperation für den Frieden, des Bundesausschusses Friedensratschlag, des Hamburger Forums und des Bremer Friedensforums heißt es unter der Überschrift: „Frieden und Völkerrecht statt globalisierte NATO“: „Die G20-Staaten sind weltweit maßgebend in Rüstungsproduktion, Rüstungsexporten und eigener Kriegsführung. Deren Politik steht für soziale Spaltung, für Freihandelsverträge und Naturzerstörung, für Kriege und Vertreibung“[13] China, Russland, Indien und weitere Schwellenländer sind also Teil einer „globalisierten NATO“(sic!).

    Die Partei Die Linke Hamburg erklärt auf ihrer Website die G20-Staatschefs unisono zu „Kriegstreibern“. Am Schluss heißt es dort: „G20 steht für alles, was wir als Linke ablehnen. Armut, Krieg, Ausbeutung und Rassismus.“[14]



    Nirgendwo wird zwischen Opfern und Tätern unterschieden. Man demonstriert gleichermaßen gegen beide. Und so wendet man sich auch gegen die Anwesenheit von Wladimir Putin und Xi Jinpings auf dem Gipfel. Dass sowohl Russland und China als auch Länder wie Indien, Südafrika, Brasilien, Mexiko und andere immer wieder versuchen, zwischenstaatliche Konflikte friedlich zu lösen, militärische Auseinandersetzungen zu vermeiden und die internationale Politik auf diese Weise zu demokratisieren versuchen, das alles zählt nicht. Unbeachtet bleibt auch die Tatsache, dass das moderne China Hunderte von Millionen Menschen aus bitterster Armut befreite und das Land im Kampf gegen den Klimawandel inzwischen weltweit zum Hoffnungsträger geworden ist. Für die selbsternannten Globalisierungsgegner sind in der Nacht alle Katzen grau!

    Hinter der pauschalen Anklage gegen die „Mächtigen“ (Zeise) der Welt verschwinden die wirklich Schuldigen, diejenigen, die für die Zerstörung Jugoslawiens, Afghanistans des Iraks und Libyens verantwortlich sind und die heute den Krieg in Syrien und im Jemen sowie in der Ukraine befeuern. Unsichtbar werden jene, die alles daran setzen, Russland und China militärisch einzukreisen und selbst vor der offenen Drohung mit Krieg gegen Nordkorea nicht mehr zurückschrecken. Die in Hamburg anwesenden Repräsentanten des „Westens“ und der NATO haben daher von solchen Protesten nichts zu befürchten.“
Soweit die Auszüge aus der Analyse von Andreas Wehr.

Die Fragen, die in diesem Text aufgeworfen werden, hatte Heiner Flassbeck in dem vor zwei Tagen bei uns veröffentlichen Text zum Teil und unter anderer Perspektive schon aufgeworfen: Globalisierung, G 20 und der SPIEGEL. Aber seine kritischen Fragen zur üblich gewordenen gleichen Bewertung von G 20 und G 7 konnte man leicht überlesen. Deshalb der neue Hinweis.
    „Für die selbsternannten Globalisierungsgegner sind in der Nacht alle Katzen grau!“
Das stimmt wohl leider. Andreas Wehr widerspricht mit seinem Text in der Sache auch dem, was Attac zur inhaltlichen Seite des G 20 Gipfels veröffentlicht hat. Eine Leserin und Freundin der NachDenkSeiten hat auf den folgenden Teil dieser Grundsatzerklärung aufmerksam gemacht:
    „Am 7. und 8. Juli versammeln sich die Staatsoberhäupter und Regierungschef_innen der G20 in Hamburg zum jährlichen Gipfeltreffen. Die Gruppe der 20 ist ein informeller Club der 19 bedeutendsten Industrie- und Schwellenländer und der Europäischen Union. Trotz erheblicher Interessensunterschiede zwischen den teilnehmenden Regierungen stehen die G20 für den neoliberalen Kapitalismus und die Orientierung an den Interessen großer Konzerne und Banken. Die G20 sind Teil des Problems, nicht der Lösung!

    Die G20 treffen sich nicht in Hamburg, um Kriege zu beenden Armut und Hunger zu beseitigen oder den Klimawandel zu stoppen. Stattdessen wollen sie an den Vereinten Nationen vorbei den Neoliberalismus als angeblich alternativlosen Bezugsrahmen für die „Lösung“ globaler Probleme durchsetzen. Das ist jenes Gesellschaftssystem, das maßgeblich mitverantwortlich ist für die Verschärfung weltweiter Ungleichheit, für Privatisierungen, Deregulierungen, überhitzte Finanzmärkte, für geopolitische Konflikte und Kriege, für Aufrüstung, für Terrorismus, für Armut und Hungerkatastrophen, für den voranschreitenden Klimawandel und in der Folge für Migration und Flucht. Wenn nun also dieser Club antritt, um nach eigenem Selbstverständnis die drängenden Probleme der Welt zu lösen, ist davon nichts Gutes zu erwarten. Das bestätigen auch die Ergebnisse vergangener Gipfel.“

    Quelle: attac
Ein solches Urteil wird dem Vorgang nicht gerecht. Es täte dem Frieden und auch der gesellschaftspolitischen Entwicklung in der Welt gut, wenn wir eine etwas differenziertere Betrachtung der Vorgänge und auch der verschiedenen Einrichtungen auf der Welt walten lassen würden.

Nachtrag:

Zum Geschehen um den Gipfel in Hamburg gehört auch der Auftritt des Berliner „Zentrums für politische Schönheit“. Diese angebliche „Künstlergruppe“ wirkt offensichtlich kräftig mit am Aufbau von Feindbildern. Die Leute sind bewundernswert. Sie haben ein festes Weltbild. Sie wissen genau, was gut und böse ist in unserer Welt. Und sie zählen selbstverständlich zu den Guten.


Zum Vorgang zitiere ich der Einfachheit halber, was die Berlinerin Doris Pumphrey gestern an einen ihr nahestehenden Verteiler geschickt hat. Ich fand es interessant. Deshalb die Wiedergabe:

„Eine Berliner „Künstlergruppe“, das „Zentrum für Politische Schönheit (ZPS)“ beteiligt sich nun auf seine Art am geplanten Anti-G20 Protest mit einem kurzen Video, das zum „Tyrannenmord“ (Erdogan, Putin, König Saud) aufruft.

Das Video ist Teil der Kampagne „Scholl 2017“, mit der die „Künstlergruppe“ sich anmaßt, an den Widerstand der Geschwister Scholl anzuknüpfen.

In ihrem Artikel „Der Ruf zum Tyrannenmord“ (4.7.2017) beschreibt die taz das Video:
    „In dem Film sind unter anderem Transparente mit der Aufschrift „Tötet Erdogan“ zu sehen. An einer anderen Stelle wird ein rotes Banner gezeigt, das über einer Straße gehisst wurde. Darauf steht: „Welcome to Hamburg, Dictator Putin!“ Daneben hängt an einem Laternenpfahl ein aufgehängter Mensch. In anderen Szenen halten Demonstranten Transparente in die Luft, auf denen „Tod und Frieden“ oder „Kopfschuss“ steht.

    Im weiteren Verlauf des Films wird ein Szenario entworfen, dass vom Tod von Regierungschefs ausgeht, die am Freitag und Samstag in Hamburg zum bevorstehenden und heiß umkämpften G20-Gipfel erwartet werden. So zeigt das Video einen vermeintlichen Flugzeugabsturz Wladimir Putins und eine Dioxinvergiftung des saudischen Königs.

    Eine Sprecherin behauptet in dem Video: „Das Auswärtige Amt hat mittlerweile eine Reisewarnung für die Staatschefs autokratischer Regime herausgegeben. Hintergrund sei eine bis zum äußersten aufgestachelte Zivilgesellschaft, die auf Rache für die Opfer totalitärer Diktaturen sinnt.“ Eine vermeintliche Stiftungsexpertin sagt: „Der Tyrannenmord ist immer das letzte Mittel gegen eine verbrecherische Diktatur.“

    (…) Das Video endet mit einem Logo, das dem offiziellen G20-Logo nachempfunden ist – der Slogan allerdings: „G20 Tyrannenmord 2017“. Eine Off-Stimme sagt: ,Jetzt ist es an uns, unsere Demokratie und Humanität zu verteidigen. Die Bundesregierung bittet sie, nicht unvermittelt über unsere Gäste herzufallen.‘ “
Die taz meint, das Video könnte „in kritischer Lesart auch eine Debatte über den Umgang von Demokratien mit Autokraten und Diktatoren anregen“.

Und wie beschreibt sich dieses „Zentrum für Politische Schönheit (ZPS)“ selbst? Als
    „Sturmtruppe zur Errichtung moralischer Schönheit, politischer Poesie und menschlicher Großgesinntheit. Es setzt auf Menschlichkeit als Waffe, vertritt den aggressiven Humanismus und experimentiert mit den Gesetzen der Wirklichkeit. Widerstand ist eine Kunst, die weh tun, reizen und verstören kann. Grundüberzeugung des Zentrums für Politische Schönheit ist, dass die Lehren des Holocaust durch die Wiederholung politischer Teilnahmslosigkeit, Flüchtlingsabwehr und Feigheit annulliert werden und dass Deutschland aus der Geschichte nicht nur lernen, sondern auch handeln muss.“
… jawoll, der „menschlich großgesinnte“ Deutsche entscheidet, wer leben und andere Länder regieren darf …. (dp)

    1] Die G20 kommen nach Hamburg! Kommst Du auch?

    2] Lucas Zeise, Kurze Geschichte der G 20. Was die Mächtigen seit 40 Jahren auf den Weltwirtschaftsgipfeln verabreden, Marxistische Blätter 2_2017, S. 28

    3] So heißt es im o. a. Artikel von Zeise auf Seite 26: „Die Erweiterung der G7 zur Gruppe der G20 ist eine Folge der Weltwirtschaftskrise.“ Und auf Seite 28 spricht Zeise von der „Erweiterung vom kleinen Zirkel der G7 auf die größeren Schwellenländer (…)“.

    4] In einer Studie der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) heißt es über das Selbstverständnis der G7: ”The original G7/8 justified their exclusiveness with the argument that they were a group of liberal democracies with established market economies.“ In: Katharina Gnath, Stormy-Annika Mildner, and Claudia Schmucker , G20, IMF, and WTO in Turbulent Times – Legitimacy and Effectiveness Put to the Test, SWP Research Paper, Berlin August 2012

    [«5] Das indische Magazin Outlook zitierte am 20.09.2014den australischen Schatzkanzler Joe Hockey: „We’ve consulted with a number of countries and the emphatic view came back that of course we expect Russia to attend the G20. They are a member of the G20 and we expect that they would attend the G20 meetings.“In: G20 Nations Want Vladimir Putin at Leaders‘ Summit

    6] In der o. a. Studie der SWP heißt es über die Gründung der G20: “In the dramatic first phase of the crisis, it quickly became apparent that neither the industrialized countries of the G7/8 (Group of leading industrialized countries) nor the IMF would be in a position to combat the crisis in a sufficiently coordinated manner. Thus, in 2008, the already-existing G20 of finance ministers and central bank governors (G20-F) was elevated to the status of the twenty most important heads of state and government.”

    7] “Summing up, a senior Indian diplomat told Outlook, ?The outcome of the summit is very encouraging for India and the developing world. Though some may argue that enough has not been done, we see it as a very good beginning that could lead to major gains for the developing and poor nations?”, in: Outlook magazine, Roaring Twenties 12.10.2009.

    10] Claudia Schmucker, Katharina Gnath, Vor dem St.Petersburger Gipfel – Die G20 muss sich auf ihre Kernaufgaben konzentrieren, DGAP Analyse Kompakt 2013, No 5, S. 2

    11] ebenda

    12] Die G20 kommen nach Hamburg! Kommst Du auch? a.a.O.

    13] Frieden und Völkerrecht statt globalisierte NATO

    14] G(eht) 20 – Ihr repräsentiert nicht die Welt.

Link zum Originaltext bei ' nachdenkseiten ' ..hier
 

Passend zum Thema:

03. 07.2017 [Quelle: nachdenkseiten.de / Albrecht Müller]
Ein Blick auf drei festgezurrte Zäsuren: 1. asozial ist hoffähig
2. die West-Ost-Konfrontation auch, 3. die Öffentlich-Rechtlichen
geben sich selbst zum Abschuss frei


In der letzten Woche sind Entwicklungen manifestiert worden, die eine große Bedeutung für unser Leben haben. Deshalb mache ich Sie auf diese Vorgänge aufmerksam, auch wenn die Erkenntnisse nicht schön sind. Aber Sie sind von den NachDenkSeiten gewöhnt, dass wir auch Unangenehmes offenlegen.

1. Asozial ist hoffähig. Dem Volk weh zu tun, ist als politisches Ziel anerkannt und wird gefeiert.

Regierungen sind nicht dazu da, den Wählerinnen und Wählern gute Löhne und soziale Sicherheit zu besorgen. Stephan Kaufmann, ein bemerkenswerter Journalist der Frankfurter Rundschau, hat es am 29. Juni in einem Leitartikel auf den Punkt gebracht:

    „Emmanuel Macron. Charmant asozial. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron will die Lebensverhältnisse der Franzosen verschlechtern.“
Und Kaufman fragt zu Recht und zu Recht ein bisschen verwirrt: „Warum genau wird er, Macron, jetzt nochmal gefeiert?“ Dafür, dass er ihre Löhne und ihre soziale Sicherheit zusammenstreichen will. Die Lohnquote soll fallen. Das wird als Erfolg dargestellt. Macron „ist der jüngste Kandidat einer Flexibilisierungswelle, die seit Jahren über Europa rollt“. Er wird dafür gefeiert, dass die Gewerkschaften als Gegner des Volkes dargestellt werden. Die Bevölkerung zählt als „Kostenfaktor“. „Die Franzosen sollen billiger werden.“

Diese öffentlich gefeierte Demütigung der Mehrheit läuft unbeeindruckt von den Krokodilstränen, die bei Kenntnisnahme der schlechter gewordenen Einkommens- und Vermögensverteilung vergossen werden – gewöhnlicherweise in den letzten Jahren nach Lektüre bzw. Wahrnehmung der Forschungen und Veröffentlichungen des Franzosen Piketty.

Im Oktober 2000, also vor fast 17 Jahren, wurde die Propaganda-Kompanie der Metallarbeitgeber, die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) der Öffentlichkeit vorgestellt. Seitdem werden Millionen, am Anfang schon mal 50 Millionen DM zum Einstieg, ausgegeben, um der Öffentlichkeit einzureden, dass schlechte Löhne gut sind und der Sozialstaat übertrieben ist. Diese Propaganda läuft immer noch, obwohl seit 2000 die soziale Sicherheit in unserem Land kräftig zusammengestrichen worden ist.

Die Propaganda-Kompanie INSM unter dem Kuratoriumsvorsitz des ehemaligen Wirtschafts- und Arbeitsministers Wolfgang Clement – damals vehementer Vertreter der Leiharbeit – tritt in diesen Tagen in Berliner S-Bahn-Höfen triumphierend auf.:
    „82 % der Deutschen fordern: Anstieg der Sozialabgaben stoppen“
steht auf diesem Plakat, das im Bahnhof Friedrichstraße in Berlin zu betrachten ist.


Quelle: nachdenkseiten.de (verlinkt)

Die Betroffenen sind mit abgebildet und sie laufen drunter durch. Das ist Symbol genug dafür, dass wir trotz der Lohndrückerei weit entfernt sind von einer Revolution.

2. Auf Feindseligkeit gebürstet – die West-Ost-Konfrontation wird weiter gepflegt

Unter ehemaligen engagierten Freunden der Entspannungs- und Friedenspolitik wie etwa im Willy-Brandt-Kreis wurde noch vor kurzem hoffnungsvoll darauf verwiesen, dass für die praktische Politik entscheidende Politiker wie etwa der frühere Außenminister Steinmeier und der jetzige Außenminister Gabriel Brücken der Verständigung sein könnten, dass sie die Politik der Versöhnung, der Kooperation, der gemeinsamen Sicherheit fortführen und auch verstanden hätten, dass man zu diesem Zweck Vertrauen zwischen den Konfliktparteien aufbauen müsse.

Ein einziges winziges Ereignis belehrt uns des Besseren: unser Außenminister Gabriel, offensichtlich stellvertretend für die gesamte Regierung, macht weiter mit der Konfrontation. Er ging in der vergangenen Woche in einen Disput mit dem russischen Außenminister. Das in Spiegel Online abgebildete Foto spricht Bände. Ich gebe dazu den gesamten Einstieg samt Schlagzeile aus Spiegel Online vom 26. Juni wieder:

    Gabriels Schlagabtausch mit Lawrow

    „Gestatten Sie mir, dass ich ein paar Bemerkungen dazu mache“


    Außenminister Sigmar Gabriel reist zu einer Konferenz nach Russland. Auf einem Pressetermin liefert er sich dort ein Wortgefecht mit seinem Amtskollegen – über Syrien, die Nato und die Ukraine.

    Aus Krasnodar berichtet Severin Weiland


    Gabriel und Lawrow im russischen Krasnodar
Mir haftet im Gedächtnis, auch visuell, wie Willy Brandt mit Breschnew umgegangen ist, oder Helmut Schmidt als Bundeskanzler mit Honecker, oder Helmut Kohl mit Gorbatschow, oder Egon Bahr mit Falin, dem russischen und in den Verhandlungen zur Entspannungspolitik entscheidenden Botschafter. Keiner von diesen genannten Personen hätte sich angemaßt, mit dem Zeigefinger besserwisserisch vor den Augen des Gegners und potentiellen Partners herumzufuchteln.

Dann fährt Gabriel einen Angriff wegen Syrien. Der Anlass, der angebliche Giftgaseinsatz Assads, ist bekanntermaßen ungeklärt. Für unseren Außenminister gilt das nicht. Er meint, Vertrauen aufbauen zu können mithilfe von besserwisserischen Unterstellungen. Wieder wörtlich aus Spiegel Online:
    „Gestatten Sie mir, dass ich ein paar Bemerkungen dazu mache“, sagt Gabriel, nachdem Lawrow seine Ausführungen zu Syrien beendet hat. „Für uns gibt es keinen Zweifel, dass das syrische Regime diesen Angriff gefahren hat“, sagt Gabriel. Auch er ist plötzlich in Fahrt. „Assad ist für uns ein Kriegsverbrecher“, sagt er, man müsse mit ihm Verhandlungen führen, aber es sei „völlig eindeutig, dass wir ihn nicht für jemanden halten, der besonders schutzwürdig ist.“ Seinem Amtskollegen warf er vor, die Assad-Regierung als „friedfertiges Regime“ zu verharmlosen, das zu Unrecht verdächtigt werde. …
Und weiter geht’s mit der NATO. Auch da kein wirklicher Versuch der Verständigung. Ich zitiere weiter aus Spiegel Online:
    Bei der Nato „naturgemäß unterschiedlicher Auffassung“

    Im Verlauf der Pressekonferenz hatte Lawrow einmal mehr die Präsenz der Nato an der Außengrenze Russlands angesprochen und beklagt, dass die Truppenrotation der Nato nicht anderes sei als eine dauerhafte Präsenz. Auch weigere sich die Nato auf den russischen Vorschlag einzugehen, wonach die Militärs beider Seiten „ihre Karten auf den Tisch legen“ und deutlich machten, wo die jeweilige Seite entlang der Nato-Außengrenze „ihre Mittel und Kräfte einsetzt“.

    Auch da greift Gabriel ein. „Die Hinweise meines Kollegen, die russischen Initiativen aufzugreifen, sind zumindest berechtigt“, sagt er. Man müsse diese nicht „zwangsläufig für ausreichend“ halten, „aber darüber reden muss man“. Was allerdings die Nato-Präsenz im Baltikum angehe, habe man „naturgemäß unterschiedliche Auffassungen“. 4500 Nato-Soldaten im Baltikum seien „kein wirkliches Aggressionspotenzial“, sagt der deutsche Außenminister und fügt hinzu: „Da halte ich die russische Präsenz durchaus für robuster.“
Man muss das zweimal lesen. Da muss sich der russische Außenminister vom deutschen Außenminister sagen lassen, die russische Präsenz in Russland(!), also im eigenen Land und nicht im Baltikum, sei robuster als die Präsenz von NATO-Soldaten in den baltischen Staaten.

Fazit: Man kann alle Hoffnung fahren lassen, auch die deutsche Außenpolitik ist auf Konfrontation und auf Krawall gebürstet. Die Hoffnung auf eine neue Phase der Entspannungspolitik kann man getrost aufgeben. Da bestimmt die innenpolitisch motivierte Lust auf Konfrontation, aufs Feindbild und auf Besserwisserei offensichtlich die Außenpolitik.

3. Die Öffentlich-Rechtlichen Sender geben sich inzwischen selbst zum Abschuss frei


Dass die öffentlich-rechtlichen Sender eine wirklich große Errungenschaft und eine Stütze der demokratischen Willensbildung in der Nachkriegszeit seien, war die feste Überzeugung vieler Medien- und Demokratie-Beobachter in Deutschland. Ich gehörte zu dieser Gruppe und habe als Leiter der Planungsabteilung im Bundeskanzleramt einiges dazu getan, dass die öffentlich-rechtlichen Sender nicht dem Quotendruck von kommerziellen Sendern ausgesetzt wurden. Das war so bis zum Regierungswechsel von Schmidt zu Kohl im September 1982. Zwei Jahre später gab es Kommerzfunk in Deutschland – das war das Werk des berühmten Postministers Schwarz-Schilling und des ehrenwerten Bundeskanzlers Helmut Kohl. Das waren teure politische Entscheidungen im ökonomischen und politischen Interesse der Spezies.

Es kam wie vorhergesagt: Öffentlich-rechtliche Formate wurden den kommerziellen angepasst. Die herrschende Ideologie des Neoliberalismus und auch der Konfrontation mit Russland und die Bewunderung für Kriege zogen in diese Sender ein. Es gibt noch viele gute Sendungen; es gibt noch viele sehr viel bessere Sendungen als im kommerziellen Funk. Aber die Anpassung ist nicht zu übersehen und der Qualitätsverlust auch.

Da ist es dann kein Wunder, dass die kommerziellen Sender und ihre Repräsentanten in die Offensive gehen. Der Pro 7-SAT 1-Vorstand Conrad Albert verlangte in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung vom 2. Juli 2017 einen Anteil an den Gebühren, die bisher für die öffentlich-rechtlichen Sender alleine bezahlt werden. Das ist schon eine beachtlich freche Forderung. Aber die Hauptmacher der öffentlich-rechtlichen Sender sind mitverantwortlich für diesen unglaublichen Vorstoß.

Ein neuer massiver Grund für den Vertrauensverlust in die öffentlich-rechtlichen Sender ist in der vergangenen Woche offenbar geworden. Paul Schreyer hat recherchiert und einen Artikel übergeschrieben. Er berichtete am 30. Juni 2017:
    „Tagesschau-Redakteure sind beim Formulieren ihrer Texte an interne Richtlinien gebunden, die offenbar auch politische Wertungen vorgeben. Nun äußert sich Chefredakteur Kai Gniffke dazu

    Im Rahmen der ARD-Aktion „Sag’s mir ins Gesicht“ standen kürzlich einige Redakteure des Senders den Zuschauern Rede und Antwort. Auch Kai Gniffke, Chefredakteur von ARD-aktuell, und damit verantwortlich für Tagesschau und Tagesthemen, nahm sich eine Stunde Zeit, um persönlich und direkt auf Zuschauerfragen und Beschwerden zu reagieren. Anlass war die andauernde Welle der Medienkritik, die auch die ARD weiterhin beschäftigt.

    Im Rahmen dieser Aktion beschwerte sich ein Zuschauer bei Gniffke, dass in der Ukraine-Berichterstattung rechtsradikale Kämpfer, die offen mit Nazi-Symbolik auftraten, von der ARD verharmlosend als „nationalkonservativ“ bezeichnet worden seien. In seiner Antwort widersprach Gniffke und erwähnte nebenbei die eigenen Sprachregelungs-Richtlinien:

    Ich weiß, dass das ein Punkt ist, der extrem polarisiert und die Emotionen hochgehen lässt. Wir reden über dieses Asow-Regiment, eine Einheit, die wir in der Tagesschau ‚ultranationalistisch‘ nennen. (…) Bei der Tagesschau gibt es fast nichts, für das es keine Richtlinie gibt. Und es gibt eine Richtlinie, die heißt, wir nennen diese Einheit ‚ultranationalistisch‘.

So etwas konnte man immer ahnen, aber glauben wollte ich das nicht. Jetzt ist öffentlich geworden, dass wir uns nicht mehr wundern müssen, zum Beispiel darüber
  • dass nahezu alle auftretenden Journalistinnen und Journalisten einvernehmlich vom „Machthaber Assad“ sprechen, manchmal auch vom Schlächter; das ist dann die Sprachregelung für die scharfen Journalisten;
  • dass so einvernehmlich und gleichlautend argumentiert wird, Assad sei der Machthaber, der Fassbomben auf die Kinder seines eigenen Volkes werfen lässt.
Vermutlich ist in einer Sprachregelung auch festgelegt,
  • dass in Berichten über kriegerische Auseinandersetzungen in Syrien dann, wenn die syrische Armee und oder die Russen im Spiel sind, stereotyp gesagt wird: „viele Opfer, darunter Frauen und Kinder“
  • dass Trump, Erdogan, Putin immer in einer Reihe zusammengespannt werden – auch dann, wenn einer von Ihnen oder zwei bei dem abgehandelten Themen gar nicht im Spiel sind,
  • dass bei Berichten über Konflikte in der Ost-Ukraine stereotyp die Russen mit eingebaut werden,
  • dass der rechte Flügel der Linkspartei in Deutschland stereotyp „die Reformer“ genannt wird; die progressiven Linken sind im Osten, die reaktionären und die Ideologen im Westen.
  • dass in Berichten über die Linke in Frankreich und deren Anführer das Wort „ultra“ eingebaut wird, ultralinks, ultraradikal,
  • dass Macron und seine Freunde in Europa wie in den USA linksliberal genannt werden.
Die absolut undemokratische Methode, eine Sprachregelung für die Journalistinnen und Journalisten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im Bereich der ARD vorzugeben, ist ein symbolisches Zeichen für den Niedergang dieser wichtigen demokratischen Errungenschaften Deutschlands. Ein anderes Zeichen ist die Bereitschaft zu Kampagnen und die Präsentation von Personen, die man nach aller Erfahrung nicht einmal mit der Zange anfassen dürfte. In der letzten Woche war die Präsentation des Professors und Lobbyisten der Versicherungswirtschaft Raffelhüschen durch Claus Kleber vom ZDF als Fachmann der herausragende Griff ins Klo.

Damit geben sich die Öffentlich-rechtlichen Sender selbst zum Abschuss frei. Das ist unverantwortlich, weil sie damit eine wichtige demokratische Einrichtung ruinieren. Es ist auch unverantwortlich gegenüber den immer noch vorhandenen Kolleginnen und Kollegen, die saubere Arbeit leisten und aufklären. Siehe dazu auch diesen Artikel in den NachDenkSeiten vom 28. Juni 2017: ARD, ZDF etc. versagen in der neu aufgebrochenen Rentendebatte erneut – mit Polemik gegen die Gesetzliche Rente, mit dem Rückgriff auf den unseriösen Raffelhüschen als Sachverständigen usw.

Link zum Originaltext bei ' nachdenkseiten ' ..hier

 
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