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04.03.2016 21:10
Wer regiert die Welt?
Geld regiert die Welt, wie der Volksmund weiß. Nur: Wer regiert eigentlich das Geld? Und wie? Wie kommt es, dass fast alle Parteien inzwischen für dieselbe vermeintlich alternativlose Politik des Sozialabbaus und der Verelendung stehen? Wer zieht wie die Strippen im Hintergrund? Und wie kann die „marktkonforme Demokratie“ à la Merkel, in der wir leben, wieder zu einer Gesellschaft werden, die den Menschen dient? [Quelle: nds.de] JWD

Zu diesen Fragen sprach Jens Wernicke mit dem Autor und Publizisten Paul Schreyer, dessen aktuelles Buch dem Thema „Banken, Demokratie und Täuschung“ nachspürt.


Quelle: Geldschöpfer via Youtube  |  veröffentlicht 24.01.2016

Wer regiert das Geld? - Trailer zum Buch

Herr Schreyer, gerade erschien Ihr Buch „Wer regiert das Geld?“. Warum dieses Buch zu eben dieser Zeit? Haben Sie sich auf die Suche nach einer Schattenregierung aus bösen Finsterlingen hinter dem, was sich uns als Demokratie darbietet, gemacht?

Anhänger einer großen Weltverschwörung bin ich nicht. Mich hat einfach interessiert, wie das Geldsystem funktioniert, wer in diesem System Verantwortung trägt und Macht ausübt. Ich finde es dumm, jede kritische Beschäftigung mit diesem Thema automatisch unter „Verschwörungstheorie“ -Verdacht zu stellen.

Es geht also um … die Macht der finanziellen Eliten?

Die spannende Frage lautet, wo genau im System diese Macht eigentlich verankert ist und wie das Geldsystem konkret funktioniert.

Sie verwenden immer wieder den Begriff „Geldsystem“. Was meinen Sie damit genau?

Es geht um die Prinzipien und Regeln, nach denen Geld heute zuerst geschaffen und danach verteilt wird. Das Geld ist ja nicht einfach da. Jemand erzeugt es zunächst. Das fällt oft unter den Tisch. In der Regel wird in der Öffentlichkeit nur darüber diskutiert, wie Banken, Konzerne oder einzelne Reiche das bereits zirkulierende Geld bei sich anhäufen – und ob das in diesem Ausmaß akzeptabel sei. Man sollte aber noch eine Ebene höher gehen: Wer schöpft überhaupt neues Geld? Und mit welcher Legitimation geschieht das?

Und, wie lautet die Antwort?

Fragt man Menschen auf der Straße, dann denken die meisten, dass das Geld von der Zentralbank oder der Regierung geschaffen wird. Dazu gibt es Umfragen in verschiedenen Ländern – in Deutschland, der Schweiz, Großbritannien. Überall glaubt die große Mehrheit der Leute, ja, glauben teilweise sogar die Parlamentsabgeordneten, dass eine öffentliche Stelle das Geld erzeugen würde. Aber das ist falsch. Nur das Bargeld wird heute noch von Zentralbanken oder der Regierung erzeugt. Und Bargeld macht inzwischen weniger als 20 Prozent des umlaufenden Geldes aus. Das meiste Geld ist heute Giralgeld, also die Beträge auf unseren Girokonten, mit denen wir bezahlen – zum Beispiel via Lastschrift oder EC-Karte. Dieses Geld aber schaffen die privaten Banken.

Das müssen Sie erklären.

Das tue ich im Detail in meinem Buch – und nebenbei gesagt: Es ist längst überfällig, dass dieses Wissen ganz normal an den Schulen und Universitäten gelehrt wird. Erst langsam werden einige Lehrbücher aktualisiert.

Worum es geht: Neues Geld entsteht immer dann, wenn eine Bank einen Kredit vergibt. Verleiht sie tausend Euro, dann entstehen tausend Euro neu. Entgegen der landläufigen Überzeugung werden keine Spareinlagen anderer Bankkunden verliehen. Das ist ein Mythos, der sich hartnäckig hält. In Wahrheit wird kein anderes Konto verringert, wenn ein Kreditnehmer Geld von einer Bank bekommt. Diese Geldschöpfung der privaten Banken macht einen großen Teil ihrer gesellschaftlichen Macht aus.

Inwiefern?

Es ist eigentlich simpel. Alle Entscheidungsgewalt und Souveränität einer Gesellschaft läuft am Ende auf zwei schlichte Fragen hinaus: Wer darf das Geld erschaffen? Und wer entscheidet dann über seine Verwendung? Der Clou daran: Heute erzeugen und verteilen Goldman Sachs, Barclays, Deutsche Bank und Co. fast alles Geld.

Daher rührt die Macht dieser Banken, und zwar nicht nur gegenüber Privatleuten und Firmen, die auf Kredite angewiesen sind, sondern auch gegenüber Regierungen. So gut wie alle Staaten sind heute permanent bei diesen Banken verschuldet. Die absolute Souveränität liegt immer beim Geldschöpfer. Historisch gesehen war die Geldschöpfung stets das Vorrecht der eigentlichen Herrscher und Könige.

Sie verorten in diesem Prozess also einen der Gründe, warum die Zustände in diesem und in anderen Ländern immer mehr an Diktatur denn an Demokratie erinnern?

In meinem Buch beschreibe ich die Entwicklung in dieser Frage. Ich schildere zum Beispiel sehr detailliert den Kampf um die Geldmacht und das Geldsystem in Amerika von 1700, also noch vor Gründung der USA, bis 1900, sowie in Deutschland von 1800 bis ins 20. Jahrhundert hinein. Sowohl in den USA wie auch in Deutschland wurden nahezu unablässig politische Kämpfe um die Macht über die Geldschöpfung ausgefochten. Es ging immer darum, was staatlich bzw. öffentlich kontrolliert sein soll und was privat. Heute ist das fast vergessen, weil wir in unserem Geschichtsbild so sehr auf die Zeit ab 1945 fixiert sind und vieles durch die Brille „Kommunismus oder Kapitalismus“ sehen. Die Kämpfe um die Macht über das Geld sind aber viel älter – und zugleich hochaktuell.

Sie haben meine Frage nicht beantwortet.

Ganz kurz gesagt: Man kann nicht über Demokratie reden und dabei über das System der Herstellung von Geld in einer Gesellschaft schweigen – das gilt heute wie vor hundert Jahren. Wirklich souverän sind immer nur diejenigen, die den ersten Zugriff auf neues Geld haben und dieses dann verleihen.

Der deutsche Staat ist im Wesentlichen bei den sogenannten „systemrelevanten“ internationalen Großbanken verschuldet – also etwa bei der Deutschen Bank, Barclays, BNP Paribas oder Goldman Sachs, wie man auf der Seite der Deutschen Finanzagentur nachlesen kann, einer Behörde, die dem Bundesfinanzministerium untersteht. Eine solche Verschuldung der Allgemeinheit bei einer kleinen Gruppe von sehr reichen Menschen macht echte demokratische Entscheidungen im Kern unmöglich. Alles steht dann unter dem Vorbehalt des Willens und der Wünsche dieser Geldverleiher. Darüber wird aber nicht gesprochen – und die konkreten Verleiher, die hinter den Banken stehen, sind heute namentlich auch nicht öffentlich bekannt.

Diese Situation besteht übrigens schon länger, als vielen bewusst ist. Seit mehr als 150 Jahren sind der deutsche Staat bzw. damals noch Preußen permanent bei einem Konsortium von Großbanken verschuldet. Mitte des 19. Jahrhunderts wurde dazu das sogenannte „Preußen-Konsortium“ gegründet, ein Kreis von Großbanken, bei denen sich der Staat kontinuierlich verschuldete. Heute nennt sich das entsprechende Bankenkonsortium „Bietergruppe Bundesemissionen“ – das Prinzip aber ist das Gleiche geblieben.

Wie sehen Sie denn die Situation heute? Befinden wir uns Ihrer Ansicht nach auf dem Weg in eine Postdemokratie?

Der Begriff Postdemokratie unterstellt, dass es schon einmal eine Demokratie gab. Eben das aber steht in Frage, wenn man die beschriebenen Verschuldungs- und damit Machtverhältnisse betrachtet. In diesem Sinne haben wir keine Postdemokratie, sondern eher eine Prä-Demokratie – also eine, die noch keine ist und die bislang auch erst in Ansätzen eine solche war. Die Tendenz zeigt zurzeit auf jeden Fall nicht in eine positive Richtung.

Reden wir also über Klassenkampf? Und wenn ja: Wer kämpft da gegen wen? Sind es die Armen und Arbeitenden gegen „die Millionäre“? Oder sprechen wir davon, dass sich, wie etwa der Publizist Werner Rügemer konstatiert, inzwischen eine „internationale Kapitalistenklasse“ herausgebildet hat, die institutionalisiert entrechtet, umverteilt, Kriege forciert etc., kurzum also: einen immer größer werdenden Teil der Menschheit ausbeutet, entrechtet, unterdrückt?

Der Begriff Klassenkampf klingt für viele sicher veraltet und erinnert ja auch an die ideologischen Schlachten der Vergangenheit. Allerdings verwendet heute sogar mancher Chefkapitalist das Wort wieder. Der berühmte Investor und Multimilliardär Warren Buffet etwa meinte 2004 in einem persönlichen Gruß an seine Aktionäre: „If class warfare is being waged in America, my class is clearly winning.“ Also übersetzt: „Wenn es einen Klassenkampf in Amerika gibt, dann ist meine Klasse eindeutig dabei, ihn zu gewinnen.“

Zu dieser Klasse gehören neben den Eigentümern und Managern der Großbanken auch die global tätigen Investmentfonds, die zwar selbst kein Geld schöpfen können wie die Banken, die aber ebenso über Verteilungsmacht beim Investieren von fremden Vermögen verfügen. Um diese Geldschöpfungs- und Geldsammelstellen gruppieren sich international arbeitende Dienstleister, wie Ratingagenturen, Wirtschaftsprüfer und Unternehmensberatungen. Gemeinsam bilden all diese Finanzkonzerne de facto eine transnationale Interessengruppe, die man ebenso gut als „Klasse“ bezeichnen kann.

Und dieser in absoluten Zahlen sehr kleinen Gruppe von Menschen steht nun im Grunde die gesamte übrige Menschheit gegenüber: Eine winzige Gruppe hat ein System perfektioniert, dass 99,99 Prozent der Leute mehr oder weniger für sich arbeiten lässt. Mit freier Marktwirtschaft hat das wenig zu tun – die meisten Unternehmer werden ja von diesem Finanzklüngel ganz ähnlich manipuliert und ausgenommen wie der „Normalbürger“.

Und wie haben sich die Mechanismen und Methoden dieses Klassenkampfes im Zeitverlauf verändert? Was ist heute anders als vor 150 Jahren?

Damals waren die Banken oft familiengeführt. Seit Ende des 19. Jahrhunderts aber haben sich an deren Stelle anonyme Aktiengesellschaften durchgesetzt. Das ist noch eine höhere Abstraktionsebene im System. Das Personal von Aktiengesellschaften ist beliebig austauschbar. Ein Begriff wie „Verantwortlichkeit“ droht in einem solchen anonymen, übernationalen System unmerklich zu verschwinden. Sogar die meisten der aktiv beteiligten Banker und Berater haben irgendwann den Eindruck, selbst nur noch austauschbare Rädchen zu sein, die scheinbar unveränderlichen „Naturgesetzen“ folgen. Die Finanzelite läuft quasi auf „Autopilot“.


Quelle: freneticfilms via Youtube  |  veröffentlicht 03.10.2013

Film: Master of the Universe

Ein verlassenes Bankgebäude. Ein hochrangiger Investmentbanker. Ein beängstigen-der Bericht aus einer Parallelwelt. Er war einer der führenden Investmentbanker in Deutschland. Er machte Gewinne in Millionenhöhe. Jetzt sitzt er in einer verlassenen Bank mitten in Frankfurt und redet zum ersten Mal. Eine beängstigende Innenpers-pektive aus einer größenwahnsinnigen, quasi-religiösen Parallelwelt hinter verspiegel-ten Fassaden. Quelle

Vor 150 Jahren waren die führenden Bankiers in dem Konsortium, das dem Staat permanent Geld lieh, Persönlichkeiten wie Gerson Bleichröder, ein enger Freund und Berater Bismarcks, sowie Adolph Hansemann, der Chef der Disconto-Gesellschaft, damals der größten Bank Preußens. Beide gehörten zu der Zeit zu den Reichsten des Landes. Ihr Einfluss war im Zweifel größer als der von Abgeordneten oder Ministern. Aber ihre Namen waren eben auch öffentlich bekannt. Heute nun wissen wir nicht einmal mehr, wer die fast 30 Milliarden Euro Zinsen, die der deutsche Staat jährlich an seine Gläubiger zahlt, eigentlich genau bekommt. Auf meine Nachfrage konnte mir das Bundesfinanzministerium jedenfalls keine Auskunft dazu geben. Das System ist auch in dieser Hinsicht offenbar absichtlich intransparent.

Und auch in Bezug auf die scheinbar feste und „gute“ internationale Ordnung mit den öffentlichen Zentralbanken an der Spitze trügt der Schein. Denn die Zentralbanken sind nicht neutral. Sie handeln meist als Interessenvertreter des privaten Bankensektors. Dazu kommt der bereits beschriebene Irrglaube, dass Zentralbanken im Sinne der Öffentlichkeit kontrolliert alles Geld schöpfen würden. Wir leben in diesem Punkt gedanklich in einer Scheinwelt und müssen, bevor wir irgendetwas analysieren können, erst einmal begreifen, was wirklich passiert.

Das betrifft gerade auch die sogenannten Fachleute. Denn die erwähnte Geldschöpfung der privaten Banken wurde über viele Jahrzehnte in der Wissenschaft sogar geleugnet. Anfang des 20. Jahrhunderts waren die Wirtschaftswissenschaften in dem Punkt schon mal weiter. Vergessenes und verdrängtes Wissen muss heute erst wieder mühsam an die Oberfläche gebracht werden. Der in Großbritannien lehrende deutsche Ökonom Richard Werner hat hier in jüngster Zeit maßgebliche Forschungsarbeit geleistet. Er spricht in diesem Zusammenhang von einem „verlorenen Jahrhundert“ für die Wirtschaftswissenschaften. Die Ökonomen haben in den letzten hundert Jahren, und insbesondere seit 1945, mehr verschleiert als erklärt. [...]


Paul Schreyer ist freier Journalist, unter anderem für das Magazin Telepolis. Zu seinem 2013 erschienenen Buch „Faktencheck 9/11“ meinte Dr. Dieter Deiseroth, Richter am Bundesverwaltungsgericht: „Gehört zum Besten, was man an kritischen Analysen zu diesem Thema auf dem deutschen Buchmarkt finden kann“. Sein letztes Buch „Wir sind die Guten – Ansichten eines Putinverstehers oder wie uns die Medien manipulieren“ (mit Mathias Bröckers) wurde ein Spiegel-Bestseller.

[...]

Weiterlesen im Originaltext bei ' nachdenkseiten.de ' ..hier


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