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19.05.2012 20:30
Jusos: Neun-mal NEIN zum Fiskalpakt
Jens Berger weist in den NachDenkSeiten am 16.05.2012 auf einen Artikel aus dem Juso Blog hin und bemerkt wie folgt:   Analytisch und programmatisch scheinen die Jusos beim Thema Fiskalpakt ihrer Mutterpartei meilenweit voraus zu sein. Vielleicht sollten die Sozialdemokraten bei diesem Thema besser auf ihren Nachwuchs hören. [Quelle: nds.de]   JWD


Es ist schon erstaunlich wie wenig die SPD-Mutterpartei von den politischen Inhalten ihrer Nachwuchsorganisation repräsentiert. Eine der schwerwiegendsten Veränderungen in unserem politischen System wird fast ohne Diskussion weder innerparteilich, noch in unserer Gesellschaft insgesamt diskutiert und quasi im Handstreich abgehakt. Mahner, wie Die Linke und auch die Jusos werden totgeschwiegen.

[Zitate aus dem Juso Blog]:
Seit dem Ausbruch der Eurokrise mit der drohenden Zahlungsunfähigkeit Griechenlands sind nun mehr als zwei Jahre vergangen. Seit dem ist das durch Deutschland dominierte Krisenmanagement durch zögern, halbherzige Bekenntnisse zum Euro und der Europäischen Union, immer neue Krisengipfel und neue Rettungspakete geprägt. Dadurch wurde die Krise aber nicht überwunden, sondern nur das Zusammenbrechen des Euros hinausgezögert. Es wurde nur Zeit gekauft, um den Euro und seinen Wirtschaftsraum auf stabilere Füße stellen zu können. Aber, anstatt dabei Fortschritte zu erreichen, sind nur immer mehr Länder in den Strudel der Eurokrise geraten und mit den geforderten Sparmaßnahmen sind die betroffenen Länder nur noch weiter in die Krise geraten, da keine Wachstumsperspektive in Sicht ist, sondern benötigtes Wachstum weggespart wird.

Im März 2012 wurde dann von den Regierungschefs der Text des sogenannten Fiskalpakts beschlossen, der nun nach und nach in den einzelnen Ländern ratifiziert werden muss.[..] Es gibt viele Gründe, weswegen der Fiskalpakt abgelehnt werden muss.

1. Der Fiskalpakt setzt an der falschen Stelle an
In der öffentlichen Debatte werden zurzeit fast nur die Staatsschulden als Ursache für die Krise ausgemacht. Dabei wird einfach weggelassen, dass der rasante Anstieg der Schulden von der Rettung der Banken und Finanzmärkte herrührt. [..] Die Finanzierungsprobleme der kriselnden Länder resultieren aus den sprunghaft gestiegenen Renditen auf ihre Staatsanleihen, weil sie schlechte Ratings bekommen.[..]

2. Der Fiskalpakt verhindert Wachstum und verschärft die Krise
Mit dem Fiskalpakt werden die Handlungsspielräume vieler Staaten erheblich eingeschränkt. Es fehlen die Mittel um Wachstumsimpulse zu setzen [..] Das einseitige Betreiben einer Politik des Sparens führt zu Kürzungen der Staatsausgaben. [..] Die Folge ist ein massiver Rückgang des Konsums, die Binnenwirtschaft wird abgewürgt, das Wachstum sinkt, die Arbeitslosigkeit steigt, eine Rezession setzt ein. Dies alles führt zu einem weiteren Rückgang der staatlichen Einnahmen und letztlich zu noch mehr Verschuldung. Reine Sparpolitik setzt einen Teufelskreis in Gang, der die Staaten noch tiefer in die Verschuldung führt und große soziale Verwerfungen mit sich bringt.

3. Der Fiskalpakt heizt riskante Spekulation an
Auslöser der Finanz- und der sich anschließenden Weltwirtschaftskrise seit 2008 waren Spekulationsblasen und die risikobehaftete Verknüpfung vieler Finanzmarktprodukte. Wenn sich nun alle europäischen Staaten auf eine drastische Austeritätspolitik festlegen, wird dies einen neuen Impuls für riskante Spekulationen geben. [..] Der Fiskalpakt verursacht mehr Krisen, als er verhindert.

4. Der Fiskalpakt raubt den Parlamenten ihre Rechte
Der Fiskalpakt ist undemokratisch und dabei ist es nur das geringste Problem, dass er im Hinterzimmer auf Druck von Kanzlerin Merkel durchgedrückt wurde, den nationalstaatlichen Parlamenten nur noch eine Entscheidung nach dem Motto friss oder stirb bleibt und das EU Parlament vollkommen außen vor gelassen wurde. [..] Dies trifft im noch schlimmeren Maße die Länder und Kommunen, die kaum die Möglichkeit haben, ihre gewollten Ausgaben durch eigene Einnahmen / Steuern zu finanzieren. Der Fiskalpakt ist schlicht undemokratisch.

5. Der Fiskalpakt hebt Spar-Ideologie auf eine Stufe mit den Menschenrechten
Nach der Finanzkrise war der öffentliche Diskurs gedreht, es schien so, als hätten die Neoliberalen abgewirtschaftet. Aber es ist ihnen gelungen, dies wieder umzukehren und nun mächtiger zurückzuschlagen, als jemals zuvor. [..] aus ihrer Argumentation, der Markt könne alles besser und der Staat muss zurückgedrängt werden, (wurde) Verfassungsrecht. [..] Da es aber auch keine Ausstiegsklausel gibt und er ins europäische Vertragswerk eingeflochten wird, kann der Fiskalpakt nur wieder gekippt werden, wenn er in allen unterzeichnenden Ländern auch wieder gleichzeitig abgeschafft wird. [..] Somit hat der Fiskalpakt praktisch eine Ewigkeitsklausel. [..] Diese Ideologie darf nicht für immer in den Verfassungsrang erhoben werden.

6. Der Fiskalpakt diskreditiert die EU
Weder die bisher beschlossenen Rettungsmaßnahmen und erst recht nicht der Fiskalpakt können ernsthaft dazu beitragen die wirtschaftliche Situation in der Eurozone zu verbessern und die Krise zu überwinden. [..]

7. Der Fiskalpakt macht zukünftige Rettungen in Krisen unmöglich
Eine der besonderen Wirkungsweisen des Fiskalpaktes ist seine prozyklische Beeinflussung. Was dies bedeutet, kann man derzeit in Griechenland beobachten. Der brutale Sparkurs lässt die Wirtschaft vollends zusammenbrechen, [..]. [..]

8. Der Fiskalpakt muss in Deutschland verhindert werden
Auf dem Weg bis zu der aktuellen Situation sind bisher neun Regierungen auf der Strecke geblieben. Immer wenn es zu ernsthaften Widerstand in einem Staat gegen die Pläne von Merkel gab, sind die Regierungen zerbrochen. Wer dem Diktat des Sparzwangs nicht folgt bekommt keine Hilfe. [..] Wenn der Fiskalpakt nicht grundsätzlich überarbeitet wird, muss er abgelehnt werden.

9. Ein wirksame Lösung ist möglich
In den letzten Jahren gab es viele Vorschläge, die besser geeignet wären um Perspektiven für eine positive Zukunft zu eröffnen. [..]

• Wir brauchen eine bessere Abstimmung in der Wirtschaftspolitik und wirkungsvollere Verteilungs- und Ausgleichsmechanismen, [..]

• Wir brauchen einen umfassenden Sozial- und Wachstumspakt in der Europäischen Union, [..]

• Die EU, bzw. die Eurozone braucht wenigstens einen gemeinsamen Mindeststandart, der über die bisherige Forderung einer Finanzmarkttransaktionssteuer hinausgeht. [..]

• Ratingagenturen bedürfen dringend einer gesetzlichen Regelung. [..]

• Die massiven Ungleichgewichte im europäischen Wirtschaftsraum in Fragen der Staatsverschuldung und der damit einhergehenden Zinssituation bedarf dringend der Abhilfe. [..]

• Die EZB muss mehr noch als in der Vergangenheit eine Ausgleichs- und Umverteilungsrolle wahrnehmen und muss Mitgliedsstaaten in Zeiten finanzieller Engpässe mit relativ zinsgünstigen Krediten aushelfen können, [..].

• Die Institutionen der EU müssen weiter demokratisiert [..]   [Zitat Ende]


Link zum vollständigen Artikel bei blog.juso.de  ..hier


Anmerkung: Wie bereits oben angemerkt finden diese, für den Fortbestand unserer sozialstaatlichen, demokratischen Gesellschaftsordnung wichtigen Überlegungen in der Mutterpartei keine Entsprechung. Es ist fast tragisch, wenn man die Rolle der SPD historisch betrachtet. Immer wenn es drauf ankam, hatte man sich der Reaktion angeschlossen und das eigene Klientel verraten. Parallelen zum System Bismarck, der die Parteien nach belieben gängelte, drängen sich geradezu auf. Wobei an die Stelle des Kaisers, heute die Finanzelite getreten ist und an Stelle des Domteures Bismarck, heute, gestützt vom neoliberalen Mainstream (Bertelsmann und Springer) Kanzlerin Merkel die Kommandos angibt.

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