<< zurück | Home | JWD-Nachrichten | Teilen |

03.02.2012 14:35
Milliardengrab Griechenland - Maybrit Illners Politshow im ZDF
Eine 65 Minuten währende Debatte um Kaisers Bart. Eigentliche Kernprobleme der Währungsunion kamen nicht zur Sprache. Kein Wort über die durch Überschussländer verursachten Ungleichgewichte, die zu den Hauptursachen zählen. Der ausufernde Finanzkapitalismus mit seinen spekulierenden Märkten wurde von Bayerns Edmund Stoiber ohne ernsthaften Widerspruch gar als die neutrale, über der Politik stehende Ordnungspolizei gepriesen. Grausam. JWD

Das deutsche Spardiktat, wie es in Europa gerade durchgeboxt werden soll, wurde selbst vom SPD- Vertreter nicht wirklich in Frage gestellt. Noch nicht einmal wurde versucht zu erklären, wie ein Land unter diesem letztlich absurden Diktat Schulden abbauen soll? Deutschland hätte schon genügend Solidarität mit Griechenland gezeigt, alles hätte seine Grenzen, so Stoiber in einem flammenden Wortschwall, bar jeder Realität.

Ich frage mich, an welcher Stelle Deutschland Solidarität mit Griechenland und sonstigen Defizitländern gezeigt haben soll. Alle Nachrichten die mir bislang zugänglich waren, sagen gerade das Gegenteil dessen aus. Deutschland verdient kräftig an der Krise. Und das gleich zweimal. Nämlich vor der Krise, als man mittels Lohndumping auf Kosten der eigenen Bevölkerung als 'Überschusssünder' diese Partnerländer niederkonkurriert hatte und in die Verschuldung trieb. Sowie jetzt in der Krise, wo man an den in Abhängigkeit geratenen abermals verdient.

Solidarität sieht anders aus. Es handelt sich eher um schamloses ausfleddern von in die Abhängigkeit getriebenen Bündnisopfern. Es sei noch erwähnt, dass weder dort noch bei uns, das gemeine Volk von den Zahlungen partizipiert. Unter dem gleichen Spardiktat werden auch bei uns die Schwachen weiter ausgequetscht, um dann mit immer größer werdenden, so genannten Hilfszahlungen, die Gelder an die Gläubiger weiter zu geben. Das ist Verelendungspolitik pur. Griechenland ist quasi nur Vehikel zur Umschichtung.

Ein anderer Sinn ist nicht erkennbar. Griechenland ist somit auch kein Milliardengrab, wie die Sendung suggeriert, sondern schon eher ein Verschiebebahnhof für Geldströme. Diese werden von den Empfängern benutzt, um den Umverteilungsprozess noch mehr anzuheizen indem der Niedergang der Abhängigen mittels Finanzspekulation und Spardiktaten forciert wird. Absurd!

Anstatt diesen selbstverstärkenden Zerstörungsmechanismus durch die Finanzmärkte stoppen zu wollen, faselt Stoiber von einer über allem stehenden Polizei der Märkte, die unbestechlich die Unzulänglichkeiten der politisch Verantwortlichen sichtbar machen würde. Letztlich würde dieser Markmechanismus auch unsere Renten sichern.

Mit anderen Worten: Renten können nur gezahlt werden, wenn viele andere durch Spekulation ihr Vermögen verlieren. Diese Folgerung ist zwingend, denn bekanntlich kann der Finanzmarkt selbst keine Werte schaffen, denn die Gewinne einer Gruppe sind immer gleichzeitig die  Verluste der Anderen. - Also Zockerei und die Zerstörung von Existenzen ist notwendige Voraussetzung, damit unsere Renten gesichert sind! Kann ein System noch kranker, noch perverser sein?

Ist Griechenland zu retten?
Wenn man wollte wäre es jenseits neoliberaler Zerstörungsdoktrin sicherlich möglich. Es gibt durchaus seriöse Studien, die aufzeigen, dass mit einer völlig anderen Politik Griechenland in die Lage versetzt werden könnte, sich mit eigener Kraft aus dem Dilemma zu befreien. In einem Nebensatz wurde eine dieser Studien vom griechischen Gesprächsteilnehmer sogar genannt. Davon will man bei der politikbestimmenden Finanzmafia (Stoibers Polizei und höhere Instanz) aber offensichtlich nichts wissen. Wirkliche Problemlösungen im Sinne gesunder Volkswirtschaften sind nicht gewollt und dahingehende Argumentationen erscheinen den Marktgläubigen deshalb als nicht opportun. In der Runde ging jedenfalls niemand darauf  ein.

Mir scheint, als hätte man die Gesprächsteilnehmer sorgfältig ausgesucht. Wirkliche Opposition war nicht dabei. Deshalb stufe ich auch diese Sendung als PR-Politshow für die Regierung ein. Bestimmt 5x durfte Stoiber seine wichtigste Massage los werden: "Die Kanzlerin macht einen prima Job". Auftrag brav ausgeführt, er darf bestimmt noch einmal wieder kommen.


Link zum Video der Sendung (65 Min.):
zdf.de

Link zur ZDF- Infoseite ..hier


Teilnehmer (von links):
Richard Sulik, slowakischer Ökonom, Unternehmer und Politiker, Vorsitzender der liberalen Partei Sloboda a Solidarita, ehemaliger Parlamentsvorsitzender
Athanasios Syrianos, Inhaber der Brauerei Eza mit 100 Mitarbeitern im griechischen Atalanti und Mitglied der deutsch-griechischen Industrie- und Handelskammer
Edmund Stoiber (CSU), ehrenamtlicher Leiter einer EU-Arbeitsgruppe zum Bürokratieabbau, Ehrenvorsitzender der CSU
Maybrit Illner, Moderatorin
Martin Schulz (SPD), Präsident des Europäischen Parlaments
Silvia Wadhwa, Finanzjournalistin
Prof. Hans-Peter Burghof, Ökonom, Inhaber des Lehrstuhls für Bankwirtschaft und Finanzdienstleistungen an der Universität Hohenheim.


Weiterführend zum Thema passend:
Link zum Artikel von Jens Berger in den NachDenkSeiten - Die Agonie der Demokratie-  ..hier

 
<< zurück | Home |