<< zurück | Home | JWD-Nachrichten | Teilen

19.10.2011 11:05
Die Angst wächst:  Eurokalypse now?
ARD gestern - Menschen bei Maischberger - Es hat schon was von tendenziösem Polittheater was die Massenmedien in Talkshows dem Volk präsentieren. Biedenkopf, Henkel, von der Leyen und die Lobbyistin und Frontfrau des BJU* Marie-Christine Ostermann wurden im Vorspann angekündigt. Weshalb ich hastig die Fernbedienung suchte, weil ich nicht bereit war mir so was anzutun. Halt, hatte ich nicht auch Sahra Wagenknecht gehört? Ich schaltete nicht um und wollte hören wie sie sich gegen die rechte Flanke des neoliberalen Star-Ensembles zur Wehr setzen würde. Es gab nichts wirklich neues zur der Sache, wohl aber zur Strategie der CDU. Wo war eigentlich die SPD? z.B. der schon mal als Quitschlöwe  gescholtene Gabriel oder wirtschaftsliberalisierer Steinbrück? Zu viel Dreck am Stecken, oder einfach keine Kompetenz zum Thema?  JWD


Hoppla, bei den Eröffnungsstatements der Teilnehmer konnte man den Eindruck gewinnen, die beiden Hochkaräter von der CDU hätten Kreide gefressen. Sie hatten sogar Verständnis für "Occupy Wall Street" und bekannten sich bedingungslos zu der Währungsunion und einem vereinigten Europa. Das war nichts wirklich Neues und wurde ja bereits in den letzten Tagen von der Kanzlerin so vorgegeben.

Neu war für mich die Rolle Biedenkopfs, der als quasi Geißlernachfolger in den SPD-Gewässern auf Stimmenfang unterwegs war und erstaunlicher Weise einige Wahrheiten anerkannte, die leider in der realen CDU- Politik keine Entsprechungen finden. Liberalisierung und die damit einhergehenden Deregulierungen in der Vergangenheit seien die Ursachen der Finanzkrise. Auch dem Lohndumpings- Argument von Frau Wagenknecht,  sowie der Notwendigkeit höherer Steuersätze für Reiche, hatte er nicht widersprochen. Selbst Verhinderung von Steuerdumping bei den Mitgliedsstaaten durch Regulierungen  wurde hingenommen. Trotz einiger Ungereimtheiten in seinen Ausführungen, waren doch für einen CDU- Politiker beachtenswerte Einsichten erkennbar. Allein mir fehlt der Glaube, dass Biedenkopf damit bei seiner Partei konsensfähig sein wird.

Die Partikular- Interessenvertreter Henkel und Frau Ostermann hatten meine Vorurteile zu 100% bestätigt und meines Erachtens keine der Allgemeinheit dienlichen Vorschläge eingebracht. Allerdings haben beide sicherlich in sofern nicht Unrecht, als bei der Beibehaltung der derzeitigen Politik auch die nächste Finanzspritze für Griechenland keine nachhaltige Linderung der Probleme bewirken wird. Aber diese Erkenntnis offenbart sich jedem der es wissen will, denn wenn ein Motor rückwärts läuft, geht er auch nicht vorwärts, wenn man nur Sprit nachfüllt.

Auch CDU- Berater Josef Ackermann, Chef der Deutschen Bank, kam Mitte der Sendung per Einspieler zu Wort und versicherte: Niemand wolle einen Raubtierkapitalismus! Wer hätte das gedacht. Und - er würde sich schämen, hätte er 2008 den Rettungsfont für Banken in Anspruch genommen. -  So sind sie, die redlichen Schweizer! Hieronymus Carl Friedrich Freiherr von Münchhausen hatte doch gar keine Besitzungen in der Schweiz, oder doch? Ob der Einspieler in der Sendung ironisch gemeint war - ich weis es nicht. Zunächst ging ich davon aus, befürchte aber eine Mehrheit der Zuschauer hat den Schwachsinn geglaubt.  Auf diese Peinlichkeit ist später in der Diskussion leider niemand eingegangen um klarzustellen, dass die Deutsche Bank bei der Bankenrettung  über Verschachtelungen in großem Umfang von Staatsgeldern profitiert hatte.

Der Vorsitzende des Deutschen Sparkassen und Giroverbandes in Berlin, Heinrich Haasis CDU wurde, natürlich ohne seine Parteizugehörigkeit zu erwähnen, per Video zugeschaltet und durfte die Unschuld der Banken bestätigen. Einen Einwand von Frau Wagenknecht, warum er sich für die Unschuld der Großbanken stark mache, die Sparkassen seien doch gar nicht am Finanzkasino beteiligt und deshalb nicht verantwortlich für die Misere, brachte Haasis etwas in Verlegenheit. Er führte aus, wie die geplante Eigenkapitalerhöhung für Banken, auch die Sparkassen betrifft und diese in Not bringen würde. Immerhin ein Beleg dafür, wie wenig die hilflose Bastelei an den Symptomen der Krise zu deren Bewältigung beiträgt, sondern eher die Probleme vergrößert.  (Systematische Sozialstaatdemontage?)

Sahra Wagenknecht wäre den Herrschaften beinahe auf den Leim gegangen, als sie zu Anfang eine Vorlage von Moderatorin Maischberger aufgriff und sich am Thema Schuldenschnitt etwas festgebissen hatte, ohne eine solche Maßnahme im richtigen Kontext zu anderen Notwendigkeiten darzulegen. Denn nicht der Schuldenschnitt ist primär wichtig, sondern die Beendigung des widersinnigen Spardiktats, sowie die Versorgung des Landes mit Krediten bei günstigen, normalen Zinsen jenseits von Spekulation. Für die bereits entstandenen Schäden durch falsche Sparauflagen muss ein Hilfsprogramm her, wie es sogar Biedenkopf jetzt fordert. Damit verknüpft und nur dann, ist der Schuldenschnitt eine vermutlich sinnvolle Option.

Solange ein schon fast übermächtiges Finanzdiktats nicht durch De- Liberalisierung reguliert und beendet, die Lohndumping- Politik hauptsächlich Deutschlands nicht revidiert wird, keine harmonisierte Steuerpolitik in der Union betrieben wird und Inflationssünder nicht sowohl beim Unterschreiten als auch beim Überschreiten eines für die Gemeinschaft definierten Ziels zur Kasse gebeten werden, solange wird die Währungsunion nicht dauerhaft funktionieren. Ein spekulationsgetriebener Crash wird den Nächsten jagen. Das ist keine Hellseherei, sondern einfach die Logik des derzeitigen Wirtschaftssystems. Das falsche Pharisäer a la Henkel und Co. dann möglicherweise immer mehr Oberwasser gewinnen können, hat unsere jüngere Geschichte in eindrucksvoll gelehrt. Das sollte nicht vergessen werden.

Trotz der sehr einseitigen Auswahl der Gäste, war es letztlich eine der besseren Sendungen. Das triste Schwarz, an den Rändern leicht Ocker gesprenkelt wurde nur durch einen roten Farbtupfer etwas aufgehübscht. Warum nur wird die SPD nicht mehr als politisch relevante Kraft wahrgenommen. Hängt es an einer konsequent schwarzlastigen Hofberichterstattung des Senders? Ist die SPD schon so weit ausgebootet und so lasch, dass sie sich gar nicht mehr auf die Hinterbeine stellen will? Ohne Visionen? - Geht wirklich nichts mehr, wenn nicht das große Geld dahinter steckt? Oder gar weil es bei einigen Schlüsselfiguren dahinter steckt? Dekadenz? Eigentlich erschreckend.


Zur Homepage der Sendung bei DasErste.de ..hier


*) Bund Junger Unternehmer (BJU)


<< zurück | Home |