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29.06.2011 13:45
Sommertheater 2011: Kirchhof'sche Steuervereinfachung, eine Posse mit Verblödungspotential
Kaum ist die Kampagne Steuersenkung durch Rössler & Co losgetreten, wird der Hauptakteur vorgestellt. Paul Kirchhof kommt aus der Versenkung und meldet sich voller Zuversicht zu Wort.
Dabei wird er von erstaunlich lauter und umfangreicher medialer Begleitmusik unterstützt. Was neues hat er wohl nicht zu bieten. Seine Besteuerungskriterien sollen einfacher und gerechter sein.  JWD

Die vorhandenen 3600 Einzelvorschriften sollen durch ganze 140 ersetzt werden. Das hört sich gut an. Nur, - ist seine Reform deshalb gerechter? Nach seinen Vorstellungen soll ein einheitlicher Steuersatz von 25% für alle Einkommen gelten. Ausnahmen gibt es nur bei Niedrigeinkommen, dort gibt es einen Steuerfreibetrag und nachfolgende Stufen von 5%,10%,15% und 20% bis letztendlich 25% fällig werden. Die Steuerausfälle sollen durch Wegfall aller Steuervergünstigungen wett gemacht werden, denn beim jetzigen Steuersystem würde beim Spitzensteuersatz von 45% durch  Ausnutzung vieler Steuerschlüpflöcher, lediglich 30% Steuern realisiert werden.

Als besonders ungerecht daran empfindet der Professor den Umstand, dass diejenigen, die die besten und teuersten Steuerberater hätten, auch die wenigsten Steuern zahlen würden. Die Steuermoral würde untergraben, denn der Steuerzahler müsste sich Selbstvorwürfen aussetzen, wenn er letztlich Steuern zahlen müsste. Möglicherweise waren es gerade solche Selbstzweifel, -gekoppelt mit der Frage, wie kann ich Steuern sparen ohne was zu tun-, die Kirchhoff dazu veranlassten über eine Steuerreform nachzudenken.

Warum gibt es denn überhaupt solche bösen Steuerschlupflöcher in unserem Gemeinwesen? Kann es sein, dass wir alle zusammen ein staatliches Interesse daran haben sollten, bestimmte Aktivitäten Einzelner mit Steueranreizen zu fördern, wenn dadurch etwas Wünschenswertes zum Vorteil der Gemeinschaft entsteht?

Es gibt keinen Zweifel daran, dass ein Steuersystem ununterbrochen mit Zielrichtung mehr Effizienz und mehr Gerechtigkeit verändert werden muss. Natürlich muss immer wieder hinterfragt werden, ob die eine oder andere Steuervergünstigung noch ihren Zweck angemessen erfüllt. Kirchhofs Patentrezept erscheint mir allerdings nicht geeignet die vielfältigen gesellschaftlichen Aufgabenstellungen bestmöglich zu lösen. Will man einen starken und aktiven Staat, dann muss dieser auch Instrumentarien besitzen, welche die Steuerung und Lenkung von Investitionen und sonstigen Belangen der Gemeinschaft ermöglichen.

Kirchhofs Einheitssteuersatz von 25%, der nach eigener Aussage durch die internationale 25%ige Kapitalertragssteuer vorgegeben sei, könne nach seinem Rechtempfinden nicht überschritten werden. Man muss die Frage stellen: Wenn wie angekündigt sowohl die Niedrigeinkommen entlastet werden sollten, aber offenkundig gleichzeitig die hohen und höchsten Einkommen eindeutig Nutznießer seiner Reform wären, wer würde dann den Staat finanzieren?? Der Staat, das ist die den sozialen Ausgleich schaffende Milchkuh, die von neoliberalen Monetaristen hemmungslos ausgemer(k)elt wird.

In Konsequenz heißt dies in unserem Fall, je schwächer der demokratische Staat, umso schwächer die ungeliebte Volksherrschaft, bzw. was davon noch übrig ist. Geht es nach den Minderheitsvorstellungen der Kirchhofs dieser Welt, kollabiert jede Sozialstaatlichkeit in kürzester Zeit. Wer das  Solidaritätsprinzip in einem demokratischen Staat attackiert führt nichts gutes im Schilde.

Die wahren Schmarotzer des Systems sind die Übersatten, die im Sozialstaat wirtschaftlich erfolgreich, denselben so umbiegen wollen, dass ihre Gier auf Kosten der Schwachen noch mehr befriedigt wird. Solche Leute wünschen sich nichts mehr als einen bestenfalls pseudodemokratischen,  schwachen, handlungsunfähigen,  Nachtwächterstaat. Dem kommt nur die Aufgabe zu, die Privilegien der Starken und Freien gegen die abhängigen Schwachen  zu bewahren. Die einfachste Methode um die Volksherrschaft klein zu halten besteht darin, ihr den Geldhahn zuzudrehen (Schuldenbremse, Privatisierung, Steuersenkung usw.) und jene durch mediale Übermacht gegeneinander aufzuhetzen, die das Spiel nicht durchschauen. Noch Fragen zum Neoliberalismus?


Der Professor aus Heidelberg (TAZ)
..hier


Artikel zum Thema bei nds.de
..hier


Interview mit Paul Kirchhof (dctp.tv)
..hier


Ergänzung: Zum Thema siehe auch den Artikel vom 01.07.2011auf den Nachdenkseiten.
Wahnsinn in Zahlen: Jens Berger legt Kirchhofs Schwindel offen. >> Link zum Artikel auf nds.de
..hier

 
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