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28.11.2015 00:00
Frankreichs Misstrauen gegen die
NATO läutet neue europäische Politik ein
Vor lauter Terroralarm und Migrantenproblemen geht die
eigentliche Sensation von historischer Bedeutung unter: Frankreich misstraut der
NATO und ruft den innereuropäischen Bündnisfall aus. Der Artikel 42, Absatz 7
des sogenannten Lissabon-Vertrags wird erstmals aufgerufen. Er verpflichtet die
europäischen Partner zu militärischer Hilfeleistung, wenn ein europäischer Staat
angegriffen wird und – wie jetzt Frankreich – darum bittet. Warum ruft
Frankreich nicht den NATO-Bündnisfall aus?
[Quelle: anderwelt-online.com] JWD
Frankreich fordert den EU- Bündnisfall
Schon Charles de Gaulle hat der NATO misstraut und Frankreich war über
lange Jahre aus dem Bündnis ausgetreten. Die NATO steht de facto unter dem
Kommando der USA und die „Grande Nation“ wollte das nicht einfach hinnehmen.
Frankreich hat auch nicht vergessen, dass die Zerstörungen im eigenen Land
während des Zweiten Weltkriegs vor allem dem rücksichtslosen Vorgehen der
US-Army geschuldet sind. Nicht nur für Frankreichs Premier Hollande muss in den
letzten Monaten unübersehbar geworden sein, dass die USA in Syrien und Umgebung
ein doppeltes Spiel spielen. Ihre „Luftschläge“ – seit einem Jahr angeblich
gegen den IS gerichtet –haben keinerlei Wirkung gezeigt. Dann kam Putin.
Russlands Erfolg in Syrien zwingt die USA zum umdenken
Abgesehen davon, dass einzig die Einsätze Russlands in Syrien
völkerrechtskonform sind, hat Russland innerhalb weniger Wochen den IS ins Mark
getroffen. Die russische Initiative hat ein weltweites Umdenken bewirkt und
sogar die USA, Saudi-Arabien und den Iran an einen Tisch zu Konferenzen in Wien
gezwungen. Es ist durchaus als sensationell zu bewerten, dass bei diesen Treffen
nicht nur leere Worthülsen produziert wurden, sondern konkrete Ergebnisse in nie
dagewesen kurzer Zeit verkündet worden sind. Erwartungsgemäß zögerlich, aber
schließlich doch geben nun die USA, die den Schlamassel im gesamten
Mittelmeerraum angerichtet haben, klein bei und stimmen zu, dass die Regierung
Assad nicht von außen – also von den USA – gestürzt werden darf. Eine
dramatischere Kehrtwendung ist kaum vorstellbar, wenn die USA jetzt nur – und
nur dem syrischen Volk selbst das demokratische(!) Recht zugestehen, über seine
Regierung und seine Zukunft zu bestimmen. Das Mantra „Assad muss weg“ ist der
Vernunft gewichen, dass nur die rechtmäßige Regierung Assad dem Morden des IS
ein Ende setzen kann.
Ich zitiere Einstein: „Probleme können niemals mit derselben Denkweise gelöst
werden, durch die sie entstanden sind.“ In den letzten Monaten durfte in einigen
Diskussionen ein Zipfelchen der Wahrheit angesprochen werden in dem Sinn, dass
es die USA sind, die die Verantwortung für das Chaos rund ums Mittelmeer tragen
müssen. Es hat lange gedauert, zu lange, bis die Erkenntnis nun allmählich auch
bei den Transatlantikern durchsickert, wie wenig sinnvoll es sein kann, darauf
zu warten, bis die USA das von ihnen verursachte Morden beenden. Die neue Linie
der USA zu Syrien ist nicht tieferer Einsicht geschuldet, sondern dem Umstand,
dass Russland der Welt aufzeigt, wie gegen Terroristen vorgegangen werden muss,
wenn, ja wenn man wirklich Erfolge erzielen will.
Schallende Ohrfeige für Washington
Die Toten von Paris haben Frankreich und Europa erschüttert. Markus Söder hat
gesagt, Paris verändert alles. Wie er das gemeint hat, weiß nur er selbst. Ich
stimme ihm insofern zu, dass durch dieses Ereignis wohl einige Europäer erwachen
und erkennen, dass die Ziele Washingtons nichts mit den Interessen der Europäer
gemein haben. Hollande, der Präsident der getroffenen Nation, hat nun die
Konsequenzen gezogen. Er kann das, was
unsere USA-gesteuerte Kanzlerin nicht kann: Er erteilt Washington eine
schallende Ohrfeige. Wie anders kann das interpretiert werden, wenn Frankreich
die Zusammenarbeit mit der NATO ablehnt und eine Allianz mit Russland vorzieht?
Genau darum geht es, wenn eben nicht der NATO-Bündnisfall ausgerufen wird,
sondern der innereuropäische. Nur so ist es möglich, mit Russland zusammen zu
arbeiten, ohne die störenden Interventionen aus Übersee.
Die Anschläge des IS in Paris sind ein Zeichen der Schwäche – des IS. Innerhalb
weniger Wochen hat die Intervention Russlands den IS in eine prekäre Situation
gebracht. Großflächig wird er von Assads Truppen mit Unterstützung der Russen
verjagt und die USA evakuieren mittlerweile mit Hilfe der Saudis und der Türkei
ihre IS-Kämpfer Richtung Jemen. (Aus diesem Grund haben sie wohl in Wien
angekündigt, 50 Soldaten – völkerrechtswidrig – nach Syrien zu entsenden.)
Munitionsvorräte sind zerstört und Kommandozentralen vernichtet. Frankreich
fliegt nun Angriffe gegen echte Ziele – in Raffa zum Beispiel – anstatt nur
Bomben, deren Haltbarkeitsdatum abgelaufen ist, in der Wüste zu entsorgen.
Plötzlich melden sogar die Amerikaner, dass sie Konvois von Tanklastwagen
zerstört haben. Warum erst jetzt? Weil sie von Russland düpiert sind. Solange
niemand vorgeführt hatte, wie es richtig zu machen ist, konnten die USA
behaupten, es ginge nicht besser. Aber vielleicht können sie es wirklich nicht
besser? Wenn dem so wäre, wäre Frankreichs Schwenk Richtung Moskau noch
verständlicher. Schließlich hat Frankreich – und mit ihm ganz Europa – ein
echtes Interesse am Ende des Terrors und muss sich so dem Partner zuwenden, der
wirklich helfen kann und will.
Tiefe Zäsur in der internationalen Politik
Hollande hat direkt nach den Anschlägen
gesagt, er wüsste, wer dafür verantwortlich ist. Wen er meinte, hat er nicht
gesagt. Er mag in Erinnerung an die Anschläge auf „Charlie Hebdo“ die
Mörderbanden des IS gemeint haben, womöglich hatte er aber auch noch andere
Gedanken. In jedem Falle ist es höchst bemerkenswert, dass er eine militärische
Zusammenarbeit mit NATO/USA gar nicht erst in Betracht zieht, sondern sofort die
Unterstützung durch die Europäer und Russland präferiert. Nicht nur Hollande,
alle Politiker Europas können nicht mehr ignorieren, in welchem Ausmaß
Washington für die Ukraine-Krise und die militärischen Auseinandersetzungen dort
verantwortlich ist. Sie wissen auch, dass die Sanktionen gegen Russland nur die
europäische Wirtschaft treffen, nicht die amerikanische.
Die Ausrufung des europäischen Bündnisfalls durch Frankreich ist eine tiefe
Zäsur in der internationalen Politik. Europa darf der NATO nicht mehr trauen.
Wir wissen, in welchem Ausmaß der NATO-Partner Türkei den IS unterstützt und
jetzt Europa mit den Migrantenströmen erpresst. Wer einigermaßen bei klarem
Verstand ist, weiß, dass Russland weder aggressiv ist, noch irgendwelche
Absichten haben kann, sein Territorium, das sowieso das größte der Welt ist, mit
militärischen Mitteln auszuweiten. Wir wissen aber auch, dass es die USA sind,
die mit 1.500 Militärbasen weltweit die „Pax Americana“ der ganzen Welt
aufzwingen wollen. Wir müssen sehen, wie dieses Ziel weite Teile der Welt
zerstört. Warum handelt Washington so? Wahrscheinlich weil die Amerikaner nicht
alleine untergehen wollen.
Die USA stehen mit dem Rücken zur Wand
Betrachten wir die Realität: Während überall auf der Welt teilweise rasante
Fortschritte zu beobachten sind, besonders in Russland und China, ist der
fortschreitende Verfall der USA unübersehbar. Große Städte müssen in die
Insolvenz gehen, die Infrastruktur ist flächendeckend in einem jämmerlichen
Zustand und 45 Millionen US-Bürger können nur dem Hunger entkommen, weil sie von
Lebensmittelmarken leben. Der größte Schuldner der Welt sind die USA. Sie sind
pleite und es ist kein Lichtstreif am Horizont erkennbar. Das also soll das
Modell für das Gedeihen der Welt sein? [...]
Weiterlesen im Originaltext bei '
anderwelt-online.com '
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Tags: Türkei, Syrien, Russland, Erdogan ,
EU-Bündnisfall, Frankreich, Terror |
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